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Zurück in die Kindheit: Die Welt durch meinen Geruchssinn
Schon als Kind war ich anders – anders im Sinne von „besonders empfindlich“, vor allem was Gerüche anging. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich das kleinste Detail in der Zubereitung unseres Essens wahrnahm. Wenn meine Mutter die Gurken für den Salat schnitt und das Messer dann für die Tomaten nutzte, ohne es vorher abzuwaschen, war es für mich unmöglich, das nicht zu schmecken. Der Geschmack war so intensiv, dass der ganze Salat für mich ungenießbar wurde. Ihr Geruch störte mich damals so stark, dass ich den Salat oft gar nicht mehr weiteressen konnte.
Zusätzlich dazu war ich schon früh sehr hilfsbereit und bereit zu teilen, egal wie oft meine Sachen kaputt oder gar nicht mehr zurückkamen. Es tat mir fast körperlich weh, anderen nicht zu helfen, auch wenn es oft zu meinen eigenen Lasten ging. Trotzdem blieb ich in der Schule die Außenseiterin. Ich versuchte, mich anzupassen, wollte Teil der Gruppe sein, aber irgendwie passte ich einfach nicht in das Bild, das die anderen Kinder von einer „Freundin“ hatten. Wahrscheinlich war ich mit meinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und meiner Wahrnehmung, die Dinge klar und direkt benannte, für manche Kinder zu unbequem oder „zu anders“.
Mittelschule: Zwischen Leistungsdruck und Selbstzweifeln
In der Mittelschule wiederholte sich dieses Muster, und ich begann zu glauben, dass ich nur durch gute Noten Anerkennung finden könnte. Eine schlechte Note war für mich gleichbedeutend mit persönlichem Versagen. Ich setzte mich dadurch selbst so unter Druck, dass ich sogar weinte, wenn eine Klausur nicht gut lief. Wahrscheinlich stand ich mir durch diesen enormen Druck oft selbst im Weg. Es war auch die Zeit, in der mir meine starke Intuition zum ersten Mal bewusst wurde. Ich begann, Dinge vorauszuahnen, die in der Zukunft passieren würden. Leider sahen das andere nicht so und redeten mir ein, ich sei einfach nur „pessimistisch“. Ich wusste damals nicht, dass meine Fähigkeit, Dinge intuitiv zu erfassen, nichts mit Pessimismus zu tun hatte. Stattdessen nahm ich das Urteil der anderen an und fügte meinem „Anderssein“ nun auch das Label „Pessimistin“ hinzu. Es war der Beginn einer Zeit, in der ich mich selbst immer mehr hinterfragte und die Außenseiterrolle endgültig satt hatte.
Teenagerjahre: Auf der Suche nach Zugehörigkeit
In meinen Teenagerjahren sehnte ich mich nach einem Ort, wo ich wirklich dazugehören konnte. Trotz einer liebevollen Familie und meinen 1-2 engen Freunden wollte ich endlich einmal das Gefühl erleben, wirklich Teil einer Gemeinschaft zu sein. So fand ich mich in einer Gruppe wieder, die damals wahrscheinlich alle dasselbe suchten wie ich: Akzeptanz und Zugehörigkeit. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich akzeptiert wurde – auch wenn ich dafür eine Rolle spielte, die mir nicht wirklich entsprach. Ich passte mich an und wurde zu einer Person, die ich eigentlich nicht war. Diese Fassade hielt jedoch nicht lange. Bald erkannte ich, dass diese Gruppe und das Leben, das ich dort führte, nicht das war, was ich wirklich wollte. Zum Glück konnte ich den Absprung rechtzeitig schaffen und lernte bald darauf neue Freunde kennen, von denen eine mir bis heute erhalten geblieben ist.
Erste Erfahrungen mit Empathie und dem „Helfersyndrom“
Kurz vor meinem 18. Geburtstag begann ich zu erkennen, wie stark meine Empathie ausgeprägt war – obwohl mir damals das Wort „Helfersyndrom“ noch unbekannt war. Ich wollte einem mir wichtigen Menschen um jeden Preis helfen und begann, so stark mitzuleiden, dass ich das sogenannte „Globusgefühl“ entwickelte: eine ständige, beklemmende Enge im Hals, als ob ich jeden Tag eine Schlinge um den Hals trüge. Dieses Symptom führte mich von einem Arzt zum nächsten, doch niemand konnte mir helfen. Erst nach langer Suche stieß ich im Internet auf die Beschreibung des Globusgefühls, die mein Empfinden genau traf. Nachdem ich mich schließlich von der belastenden Situation distanziert hatte, verschwand auch das Globusgefühl. Diese Erfahrung lehrte mich, dass ich die Gefühle anderer Menschen viel zu stark in mich aufnahm, ohne wirklich zu verstehen, warum.
Der Wendepunkt: Die Entdeckung meiner Hochsensibilität
Etwa zwei Jahre später kam ein Schlüsselmoment, der alles veränderte. Nach mehreren Situationen, in denen meine Intuition sich als richtig erwies, stellte ich fest, dass ich Menschen „lesen“ konnte, ohne ein Wort mit ihnen zu wechseln. Ich spürte ihre Stimmungen und nahm winzige Details wahr, die anderen verborgen blieben. Gleichzeitig nahm ich immer mehr Kritik an meinem Wesen wahr: „Sei nicht so kompliziert!“, „Du bist zu sensibel!“, „Warum siehst du alles immer so negativ?“. Schließlich schnappte ich mir mein Smartphone und begann zu recherchieren, was es mit mir auf sich hatte. Nach einiger Suche stieß ich auf den Begriff Hochsensibilität und schließlich auf das Buch „Außergewöhnlich Normal“ von Anne Heinze. In diesem Buch fand ich erstmals eine Beschreibung, die meinem Erleben entsprach. Endlich hatte ich einen Namen für mein Anderssein und fühlte eine enorme Erleichterung. Hochsensibilität erklärte vieles, was mich schon immer ausmachte. Zu diesem Zeitpunkt war es mir jedoch egal, wie ich mit meiner Sensibilität besser umgehen könnte – ich war einfach nur froh, dass ich nun eine Erklärung für all das hatte.
Junges Erwachsenenalter: Zweifel an meiner Intuition und Verlust der Verbindung zu mir selbst
In den darauffolgenden Jahren ließ ich mir jedoch immer mehr meine Hellsicht und Intuition absprechen. Es schien, als wäre jede Vorahnung oder intuitive Wahrnehmung ein Hirngespinst, und ich begann, diesen Gedanken Glauben zu schenken. Die Impulse, die ich spürte, empfand ich irgendwann selbst als übertrieben oder gar falsch. Dadurch verlor ich immer mehr das Vertrauen in meine eigene innere Stimme und begann, meine Hochsensibilität nicht mehr ernst zu nehmen. Ich versuchte, mich „normaler“ zu verhalten und in die Vorstellungen anderer zu passen – bis hin zu dem Punkt, dass ich mein intensives Fühlen mit Alkohol betäubte. Zum Glück entwickelte sich daraus keine Abhängigkeit, aber die Gefahr war da. Diese Phase brachte mich an einen Punkt, an dem ich mich fast verloren fühlte.
Winter 2022: Der Entschluss zur Veränderung
Im Winter 2022 fühlte ich mich ausgelaugt und erschöpft – nah an einem boreout-Zustand, der sich wie das Gegenteil eines Burnouts anfühlte. Ich realisierte, dass ich so nicht weitermachen konnte und dass sich etwas Grundlegendes in meinem Leben ändern musste. Dieser Entschluss wurde zum Wendepunkt für mich, und damit begann eine Reise der Selbsterkenntnis und Selbstakzeptanz, die ich mit allen Höhen und Tiefen erleben würde.
Lesezeit: 9 - 11 Min
Winter 2022/2023: Der Moment, an dem alles anders wurde
Im Winter 2022/2023 stand ich gefühlt kurz vor einem Boreout. Ein Zustand, der, anders als Burnout, nicht durch Überforderung, sondern durch Unterforderung entsteht und sich dennoch mit den gleichen Anzeichen wie Erschöpfung und Antriebslosigkeit zeigt. Hochsensible Menschen wie ich bewegen sich oft in Extremen und kämpfen ohne das richtige Maß oft mit solchen Herausforderungen. So saß ich eines Tages in meinen Weihnachtsferien, völlig erschöpft vom Nichtstun, auf meiner Couch und spürte, dass ich dringend etwas ändern musste. Normalerweise bin ich voller Tatendrang und Lebensfreude, doch in diesen Tagen fühlte ich mich völlig leer und motivationslos.
Der erste Schritt: Die Suche nach Antworten
Ich begann, nach einer Lösung für diesen Zustand zu suchen, und stieß dabei auf das Buch Soulmaster von Maxim Mankevic. Da mich Spiritualität immer schon interessiert hatte, entschied ich mich, es als Hörbuch anzuhören – und es traf genau ins Schwarze. Das Buch war der Startschuss zu meiner Selbstfindung und zu einer tieferen Auseinandersetzung mit Spiritualität. Mir wurde klar, dass ich nicht nur herausfinden wollte, was beruflich zu mir passt, sondern auch, wer ich wirklich bin und welche Werte mich ausmachen.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich viele Berufe ausprobiert, nur um immer wieder an den Punkt zu kommen, dass mich die Aufgaben schnell langweilten und ich mich unterfordert fühlte. Auch privat zog sich das Thema Langeweile wie ein roter Faden durch mein Leben. Ich wusste, dass hier etwas grundsätzlich schieflief. Für mich musste es mehr geben als einfach nur für Geld zu arbeiten und das Wochenende herbeizusehnen. Doch anstatt mir bewusst zu machen, dass ich bei der Berufswahl nie wirklich auf mein Inneres gehört hatte, dachte ich, das Problem wäre schlicht, dass ich nicht wüsste, was ich machen möchte.
Berufung und Zweifel: Der Wunsch, mit Menschen zu arbeiten
Ich nahm mir also die freien Weihnachtstage, um tief in mich hineinzufühlen und endlich Antworten auf Fragen zu finden, die ich lange verdrängt hatte. Ich spürte schon lange, dass ich gerne mit Menschen arbeiten würde, hatte diesen Wunsch aber aufgrund meiner Hochsensibilität ignoriert. Ich dachte, dass ich wegen meines starken Mitgefühls selbst zu sehr leiden würde. Doch nun fühlte sich diese „Grenze“ nicht mehr sinnvoll an, und ich erkannte, dass mein inneres Unbehagen daher rührte, dass ich mich meiner Berufung verschloss.
Die Entdeckung: Life Coaching
In dieser Zeit wurde mir klar, dass der Beruf des Life Coaches genau das Richtige für mich sein könnte. Mit großer Euphorie und einem gewissen Druck, den ich mir selbst machte, meldete ich mich für eine Coaching-Ausbildung an, die im April 2023 begann. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich mich wieder motiviert und freute mich, den Sinn meines Weges zu erkennen. Gleichzeitig bemerkte ich jedoch, dass mein Masterstudium in Wirtschaftswissenschaften immer mehr zu einer Last wurde und die Prüfungen zunehmend schwieriger für mich wurden. Schließlich brach ich das Studium ab, was mir eine riesige Erleichterung brachte. Es war ein befreiter Moment – eine Entscheidung, die ich tief aus meinem Herzen traf und die mich von meiner Angst vor Kritik befreite. Endlich hatte ich das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein.
Die Entfaltung und das Wissen über mich selbst
Nun konnte ich mich voll und ganz darauf konzentrieren, mehr über mich und meine Persönlichkeit zu lernen. Ich besuchte verschiedene kostenlose Workshops, las und hörte zahlreiche Bücher und tauchte auch über Instagram und Social Media tiefer in die Welt der Persönlichkeitsentwicklung ein. Das war völlig neu für mich, aber ich entdeckte langsam die Freude am Lesen. Zudem wurde mir klar, dass ich zu den „Scannerpersönlichkeiten“ gehöre – Menschen, die gerne in viele Themenbereiche hineinschnuppern, aber sich oft langweilen, wenn es zu detailliert wird.
Die Hochsensibilität als Stärke sehen
Während dieser Reise begann ich, immer mehr über Hochsensibilität, Hochsensitivität und das sogenannte „Helfersyndrom“ zu lernen. Ich erkannte, dass ich oft den Wunsch verspürte, anderen zu helfen, auch wenn sie es vielleicht gar nicht wollten. Besonders wertvoll war es für mich, eine tägliche Meditationsroutine zu entwickeln. Hätte mir jemand vor ein paar Jahren gesagt, dass ich meditieren würde, hätte ich wahrscheinlich nur gelacht. Doch Meditation bedeutete für mich bald mehr als „still dasitzen“. Ich lernte, meine Gedanken zu beobachten, ohne sie zu bewerten.
Durch diese Erfahrungen wurde das Bedürfnis, Gefühle durch Alkohol zu betäuben, immer unnötiger. Endlich fühlte ich, dass mein „Anderssein“ in Ordnung war und dass es Menschen gab, die mich auch so schätzen, ohne dass ich mich anpassen musste. Das Bedürfnis, immer dazuzugehören, löste sich langsam auf.
Die Coaching-Ausbildung und eine neue Perspektive
Als die Coaching-Ausbildung dann tatsächlich begann, stellte ich fest, dass ich schon weiter war, als ich zunächst dachte. Doch diese Erkenntnis half mir, auch meine Ungeduld zu reflektieren. Auch wenn ich nicht so viel Neues lernte, wie ich es mir gewünscht hatte, nahm ich dennoch wichtige Erfahrungen mit, die mich bestärkten und mir halfen, den nächsten Schritt zu gehen. So kam es, dass sich in meinem Leben vieles zum Positiven veränderte – manches wurde leichter, anderes wiederum eine neue Herausforderung. Aber genau das gehört zum Lernen dazu.
Erkenntnisse, die meine Hochsensibilität zur Gabe machen
- Hilfe nur geben, wenn sie gewünscht ist – Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen. Ich kann nicht für andere entscheiden oder sie vor allem bewahren.
- Gefühl als Kompass – Wenn ich auf mein Gefühl höre, erspare ich mir selbst viel Leid.
- Verantwortung für die Gefühle anderer loslassen – Wie sich andere fühlen oder ob sie gut oder schlecht gelaunt sind, ist nicht meine Verantwortung.
- Nicht jedes Gefühl gehört zu mir – Wenn ich ein negatives Gefühl spüre, frage ich mich, ob es wirklich zu mir gehört.
- Schlechte Laune nicht übernehmen – Nur weil die Stimmung in einem Raum schlecht ist, muss ich sie nicht annehmen.
- Grenzen ziehen und sich schützen – Bei Menschenansammlungen stelle ich mir vor, von einer schützenden Lichtkugel umgeben zu sein.
- Regelmäßige Rückzüge einplanen – Ich brauche regelmäßige Pausen, um meine Energie zu regenerieren.
- „Nein“ sagen ist in Ordnung – Es ist völlig in Ordnung, auch mal „Nein“ zu sagen.
Diese Liste könnte ich noch ewig weiterführen, aber der Text ist bereits ausführlich. Hier endet nun Part 2 meiner Reise – und es fühlt sich gleichzeitig an wie ein neuer Anfang.
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Danke fürs Lesen.
Deine Jasmin
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Mit systemischem Coaching und Energiearbeit begleite ich dich zurück zu deiner Mitte – Schritt für Schritt, in deinem Tempo.
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